Diskussionsabend: Brexit, Populismus, EU-Wahl

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„Die Bestandteile fliegen durch die Gegend“

Der Club Alpbach Steiermark stimmte zum Jahresbeginn thematisch auf das Europäische Forum Alpbach 2019 ein. Eine Diskussion über Globalisierung, Komplexität und wie man die EU eigentlich erklärt.

Am Abend, bevor die britischen Parlamentarier über den EU-Austrittsvertrag abstimmten, stand die Jahresauftaktveranstaltung des Club Alpbach Steiermark im Zeichen des Brexit. Das vorgegebene Themenfeld war mit „Brexit, Populismus, EU-Wahl“ jedoch weitaus breiter gesteckt. Wie diese drei Schlagworte mit dem heurigen Forumsmotto „Freiheit und Sicherheit“ zusammenhängen, diskutierten Alpbach-Ehrenpräsident Erhard Busek, Wirtschaftsforscherin Margit Schratzenstaller und die Vorsitzende der österreichischen Gesellschaft für Politikwissenschaft (ÖGPW) Monika Mühlböck.

Letztere sah einen Grund für den Brexit in dem Wunsch nach „Freiheit von Fremdbestimmung“. Sicherheit hingegen definierte Mühlböck in zweierlei Hinsicht: Einerseits als Risikominimierung – doch „genau das ist vermutlich der Brexit nicht. Hier wird mehr oder weniger größtmögliches Risiko genommen.“ Andererseits beinhalte der Begriff den Schutz vor äußeren Bedrohungen. Als Beispiel nannte Mühlböck die Migration.

Erhard Busek, Monika Mühlböck, Klaus Höfler und Margit Schratzenstaller (v.l.n.r.). (c) Manuel P. Neubauer

Machterhalt und Rechtspopulismus vor EU-Wahl

An diesem Punkt lasse sich die Brücke zum Populismus schlagen, so Mühlböck weiter. Seine Wurzel liege in der Darstellung der Begriffe Freiheit und Sicherheit. Die Deutungshoheit darüber hätten momentan die Rechtspopulisten. Das werde auch die EU-Wahl maßgeblich prägen, meinte Mühlböck. Auch Margit Schratzenstaller stellte eine „Schwäche im Diskurs“ fest. Problematisch sei, dass die progressiven Akteure von einer Überwindung des Nationalstaats sprechen, allerdings keine fortschrittlichen Alternativen anbieten würden. Außerdem gebe es keinen positiven Bezug von Begriffen wie Heimat und nationaler Identität. „Ich glaube, das ist ein Vakuum, das die Rechtpopulisten füllen mit ihren nationalistischen und chauvinistischen Perspektiven“, folgerte Margit Schratzenstaller. Schlussendlich schaffe sich der Populismus selbst ab, sagte Erhard Busek. Es gehe dabei nur um Machterhalt, besprochen werden nur gefällige, aber keine unangenehmen Themen. Man gehe an den wichtigen Fragen vorbei.

Fraglich sei allerdings, wie sich die anderen rechtspopulistischen Parteien organisieren werden. „Es ist zu erwarten, dass es sehr starke Zuwächse geben wird. Die Rechtspopulisten hoffen darauf, zumindest die zweitstärkste Fraktion zu werden“, führte Mühlböck aus. Die Wähler seien nicht mehr nur die Modernisierungsverlierer, vielmehr gehe es um eine Pro- und Anti-Globalisierungsdimension. „Es ist eher ein breiteres Bedürfnis, dass wir uns nur noch um uns selbst kümmern müssen und die komplexe Welt außen vorlassen können“, so Mühlböck.

Europäische Integration in der Krise

Ähnliche Töne schlug auch Erhard Busek an. Wir hätten Schwierigkeiten, die Veränderungen zu begreifen: „Ich habe den Eindruck, dass da Bestandteile durch die Gegend fliegen, wobei es schwer ist, ein gesamthaftes Bild daraus zu machen.“ So lebe die Politik in hohem Ausmaß der Wiederentdeckung der Bedeutung des Nationalstaats. Tatsächlich könne der Nationalstaat heute – in einer globalisierten Welt – die wenigsten Probleme alleine lösen, so Busek. Egal ob das der Klimawandel oder die „Frage der Wanderungsbewegungen“ sei. Wir leben in einer Zeit der Krise, die er, gemäß dem griechischen Wortursprung, als eine Zeit des Beurteilens und Entscheidens sehe.

Einleitende Worte von Herwig Hösele. (c) Manuel P. Neubauer

Margit Schratzenstaller verortete eine „schwere Krise“ ganz konkret beim europäischen Integrationsprozess. „Die Identifikation mit Europa ist ziemlich mangelhaft“, so die Wirtschaftsforscherin. Daher würden sich viele Menschen von europäischen Institutionen oder politischen Einigungsprozessen abwenden. Diese Entwicklung zeichne sich vor allem seit der Finanzkrise ab. Das Misstrauen zwischen den EU-Ländern wachse, ebenso der Nationalismus und die Ablehnung europäischer Problemlösungen. „Das Szenario eines Zerfalls scheint nicht mehr ganz ausgeschlossen.“ Laut Erhard Busek ist das Modell der europäischen Integration gar überholt.

Schratzenstaller ortete keinen Gegensatz zwischen Nationalstaat und europäischer Integration. Es brauche starke „nationale Sozialstaaten“, um mögliche Nachteile der Globalisierung abzufedern. Andererseits gebe es Bereiche, in denen die Nationalstaaten überfordert seien. Daher brauche es eine neue Diskussion über Subsidiarität. Diese bedeute nicht die Rückverlagerung von Kompetenzen auf die nationalstaatliche oder regionale Ebene. Vielmehr gebe es Themenfelder, wo Kompetenzen auf die supra-nationale Ebene verlagert werden müssten. Als Beispiele nennt Schratzenstaller Steuer-, Klima- und Migrationspolitik.

EU „am besten“ erklären

Bei der abschließenden Publikumsdiskussion warf eine Bürgermeisterin einer kleinen steirischen Gemeinde die Frage auf, wie sie die Europäische Union am besten erklären könnte. „Ein Weg ist, den Populisten nicht die Deutungshoheit über Freiheit und Sicherheit zu überlassen. Wenn man diese Begriffe anders deutet, dann kann die EU in diesem Kontext ein sehr positives Bild abgeben“, sagte Monika Mühlböck. Da Europa überhaupt ein Thema geworden sei, gebe es mehr Interessierte und dadurch mehr Möglichkeiten, die Debatte zu formen und mitzubestimmen, so die Antwort, die vage im Raum stehen blieb. Es scheint, als wäre die EU zu komplex für eine einfache Beschreibung ihrer selbst geworden.

Der Dank für die Berichterstattung geht an EFA 2018 Stipendiatin Alina Neumann.

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Weihnachtsfeier 2018

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Die heurige Weihnachtsfeier der IG Graz-Leoben war eine ideale Gelegenheit, um sich gen Ende des Jahres mit seinen MitstipendiatInnen über die neuesten Geschehnisse auszutauschen, alte nicht mehr gebrauchte aber noch einwandfreie Gegenständen weiter zu schenken und auch gleich das kürzlich eröffnete Lokal So\So in der Heinrichstraße zu testen. Organisiert wurde das Event von einem freiwilligen vierköpfigen Team, das sich nicht nur um den reibungslosen Ablauf des Schrottwichtelns bemühte, sondern auch für weihnachtliche Musik und passende Dekoration sorgte. Als Überraschung sponserte der Club Alpbach Steiermark um Mitternacht schmackhaften Glühwein für alle Feiernden. Gewärmt vom Umtrunk und mit einem Geschenk unterm Arm fand die Weihnachtsfeier einen gemütlichen Ausklang. Vielen Dank an alle fürs Dabeisein!

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EFA Präsident Franz Fischler über liberale Demokratie

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Am 26. November fand eine der renommierten Dialogveranstaltung der Reihe Geist & Gegenwart mit Franz Fischler, dem früheren EU-Kommissar und Präsidenten des Europäischen Forum Alpbach, in die Räumlichkeiten der Alten Universität Graz ein. Das Event stand unter dem Titel “Liberale Demokratien und ein Europa, das schützt” und wurde vom Club Alpbach Steiermark und dem Land Steiermark veranstaltet.

Nach einer einleitenden Begrüßung von Club Alpbach Steiermark Vorsitzendem Herwig Hösele – die mit der Information einherging, dass der Streik der Eisenbahner dem Vortragenden Fischler in die Quere gekommen sei und das Publikum noch ein paar Minuten länger ausharren müsse – eröffnete Barbara Eibinger-Miedl, steiermärkische Landesrätin für Wirtschaft, Tourismus, Europa, Wissenschaft und Forschung, die Veranstaltung. Die Landesrätin stimmte mit der Betonung der starken Verknüpfung der Steiermark mit der Europäischen Union den Ton an. Sie lenkte die Aufmerksamkeit vor allem auf konkrete Errungenschaften der EU wie das Schengen-Abkommen, die gemeinsame Währung, das Austauschprogramm Erasmus sowie die Abschaffung von Roaming-Gebühren. Gleichzeitig erinnerte sie aber auch an die tragenden Grundwerte der Union wie Frieden, Wohlstand und Demokratie.

Landesrätin Barbara Eibinger-Miedl (c) Lisa Schantl

Diesen positiven Blick Richtung vereintes Europa trug Franz Fischler, dem man die wohl leicht anstrengende Anreise kaum ansehen konnte, beinahe nahtlos weiter. Mit seinem einstündigen Vortrag appellierte er vor allem an die aktive Beteiligung an repräsentativer Demokratie und forderte alle Anwesenden dazu auf, den aufkommenden illiberalen Tendenzen die Stirn zu bieten. Denn: Friede sei nur mit einem vereinten zentralen Europa möglich. “Wir sind nachlässig geworden in der Verteidigung unserer Werte,” so Fischler.

„Wir sind nachlässig geworden in der Verteidigung unserer Werte.“

Demokratie lebe von Dialog und Kommunikation und der nur dadurch erreichbaren Kompromiss- und Konsensfindung. Fischler gab zu bedenken, dass wir den Unterschied zwischen Informationsbeschaffung und gemeinschaftlichem Dialog zusehends verlernten. Es sei dies ein Problem, dass sich auch auf der Regierungsebene niederschlüge, und um welches es zu kontern dringend eine Stärkung des Parlamentarismus auch in Österreich bedürfe.

Leicht besorgt blickte der ehemalige EU-Kommissar auch in Richtung Europawahl 2019. Der Nachholbedarf in Digitalisierung, Innovation, Migrationspolitik, militärischer Stärke, Export und Handel sowie die durch Urbanisierung bedingten Herausforderungen würden sich ohne konkrete Initiativen seitens der EU auf die Wahlbeteiligung auswirken und zu starken Auseinandersetzungen zwischen EU-Befürwortern und -Gegnern führen. Diese Herausforderungen seien komplexe Probleme, die zur Lösung ein neues Denken benötigen würden. Eine Anstrengung, die die Politik alleine nicht bewerkstelligen könne, sondern sich in einen konstruktiven Dialog mit Wissenschaft, Wirtschaft, Medien und der Zivilgesellschaft begeben müsse. Fischler verwies auf die Notwendigkeit neuer Plattformen, die einen solchen Dialog auf Augenhöhe ermöglichen und zu gemeinsamen Entscheidungen führen könnten.

„Es braucht unser aller Engagement.“

Ob der österreichische EU-Ratsvorsitz 2018 ein gelungenes Unterfangen gewesen wäre, darauf geht Fischler nicht weiter ein. Vielmehr hebt er – aus eigener Erfahrung – das immense Arbeitspensum eines solchen Vorsitzes hervor und erinnert an die Kernthemen dieses Jahres: illegale Migration bekämpfen, Nachbarländer stabilisieren und so den Wohlstand sichern.

Klar ist für Fischler, dass es an der Zeit ist, für liberale Demokratie einzutreten. “Es gibt viele Gründe, warum die EU unverzichtbar und alternativlos ist,” so der Präsident des Europäischen Forum Alpbach. “Und es braucht unser aller Engagement.”

Früherer EU-Kommissar und Präsident des Europäischen Forum Alpbach Franz Fischler (c) Lisa Schantl

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FAN Fall Conference 2018

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Das Forum Alpbach Network – kurz “FAN” – ist das übergeordnete Netzwerk aller Clubs und Initiativgruppen unter dem Zeichen des Europäischen Forum Alpbach. Um den Austausch zwischen den über 30 unabhängigen Clubs und IGs auch auf persönlicher Ebene zu fördern, lädt das FAN zweimal jährlich zu Konferenzen. Diese Zusammentreffen werden stets von einem Club oder einer IG organisiert – die Fall Conference 2018 wurde vom Club Alpbach Südtirol Alto Adige (CASA) ausgetragen.

An dem Wochenende von 16.-18. November reiste das Präsidium der IG Graz-Leoben somit auf Einladung von FAN und CASA nach Bozen (Bolzano) in Südtirol, Italien. Zwei Nächte und zwei Tage lang wurden die Aktivitäten des FAN beim und rund um das Forum Alpbach besprochen. In zwei unterschiedlichen Konferenzräumlichkeiten – dem NOI Techpark und dem EURAC Research Center –  brachten die über 60 TeilnehmerInnen neue Ideen vor, diskutierten diese und manche davon wurden zur weiteren Umsetzung aufgegriffen.

Ein kulinarisches Highlight war der gemeinsame Ausflug Samstagabend zum “Törggelen”. Kleinbusse brachten die Club- und IG-VertreterInnen zum am Rittener Plateau gelegenen Bio-Bauernhof Rielinger, in dessen Taverne wir mit schmackhaften Gängen verköstigt wurden. Von Kürbis-, Speck- oder Leberknödelsuppe über Blutwurst, Sauerkraut, Spinatkäseknödel und Rippchen bis hin zu süßen Bratäpfeln und Maroni war alles dabei. Abgerundet wurde das Event mit ein oder zwei Gläschen Jungwein und anregenden Gesprächen rund um das Thema “Europäisches Forum Alpbach” – ein wahres Must-Do im schönen Südtirol.

Die IG Graz-Leoben bedankt sich an dieser Stelle bei CASA und dem FAN für den reibungslosen Ablauf, spannende Inhalte und das gelungene kulturelle Rahmenprogramm!

Lisa Schantl, Julian Jank und Stefan Rothbart bei der FAN Fall Conference 2018 (v.l.n.r.)

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Europäisches Forum Alpbach 2018 – Nachbesprechung

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Ein paar Wochen nach dem Europäischen Forum Alpbach 2018 fand im Rahmen des Club Alpbach Steiermark und der IG Graz-Leoben im Oktober die Nachbesprechung zum diesjährigen Forum statt. ErststipendiatInnen und WiederkehrerInnen trafen sich mit Club-Vorsitzendem Prof. Herwig Hösele, Generalsekretär Dr. Klaus Poier sowie stellvertretendem Generalsekretär Mag. Manuel P. Neubauer in den Räumlichkeiten des RESOWI-Zentrums der Karl-Franzens Universität Graz.

Das zahlreiche Erscheinen der TeilnehmerInnen entfachte in der Feedback-Runde einen angeregten Dialog über das heurige Forum. Besonders positiv wurden die Koordination der Fireside Talks bzw. der anderen Veranstaltungen während des Forums, die Informationskanäle der IG, die Unterbringung in Alpbach sowie die Interdisziplinarität der ausgewählten StipendiatInnen hervorgehoben.

Im Anschluss an die Feedback-Runde fand die Wahl des IG-Präsidiums für die nächste Periode statt. Es kandidierte einzig ein Dreier-Team bestehend aus Julian Jank als Präsident, Lisa-Maria Schantl als Vizepräsidentin und Stefan Rothbart ebenfalls als Vizepräsident. Die Wahl wurde anonym durchgeführt und das angetretene Team wurde mit 100% Zustimmung gewählt.

Abschließend lud die IG Graz in den Bierbaron, wo der Abend im gemütlichen Beisammensein und in gesprächiger post-Alpbach-Manier zur späten Stunde seinen Ausklang fand.

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